Generation XYZ – Ungelöst

1. Juli 2014

DENKBARES über Klischees der Generationen und die Frage der Schuldzuweisung

Erstmal vorweg: Was bedeutet dieses XYZ? „X“ steht für die Generation „Baby Boom“, also ab den 1950ern, „Y“ steht für die Generation „Why“, ab circa 1980. Und das „Z“ für die Technik-Generation „Millennials“, ab etwa 2000. Da ich eindeutig der Generation „Y“ angeschrieben werden muss, darf es nicht verwundern, wenn es eine gewisse Subjektivität dahingehend geben wird. Dafür entschuldige ich mich jetzt schon. Nicht.

Die Frage des „Warum’s“

Wenn man in der Generation „Y“ groß geworden ist, spürt man natürlich den Einfluss der vorhergehenden Generation noch sehr stark. So wie diese Generation, auch den Einfluss der Vorhergehenden gespürt hat und so weiter und so fort. In erster Instanz sind das die Eltern, die einem ihre Glaubenssätze (also die eigenen Lebensgrundregeln, die sie auch von ihren Eltern mitbekommen haben) so gut wie möglich einpressen wollen. Ein herausragendes Merkmal dabei ist, dass diese Glaubenssätze gerne veraltet und in vieler Weise negativ sind. Diese Sätze werden einem Kind unbewusst eingepflanzt und spiegeln tatsächlich oft eben nicht die eigene Meinung, sondern die Meinung einer vorhergehenden Generation wieder.

„Du musst Sparen, sonst hast du nie etwas.“ // „Du musst arbeiten bis du umfällst, sonst bist du nichts wert.“ // „Ausländer sind Halunken und stehlen“ // „Schwule vergreifen sich auch an kleinen Jungen“ // „Schwarze haben nur Böses im Sinn“ // „Sei Gottesfürchtig und fordere ja nicht zu viel vom Leben“ // „Lebe so wie deine Eltern, deine Großeltern, deine Urgroßeltern…“

Ich denke man weiß so ungefähr, was ich mit den Glaubenssätzen meine. Es verwundert also umso weniger, dass manche Menschen, in manchen Regionen, immer wieder die selben Leben führen und mit der selben Meinung vertreten sind. Das hat auch lange funktioniert, jedoch änderte sich durch den Krieg, die moderne Technik und die Industrialisierung plötzlich so viel, dass man sich stärker auf andere Dinge konzentrieren konnte.

So geschah es, dass nach dem Krieg die Wirtschaft einen Boom sondergleichen hingelegt hat – was auch klar ist, da alles kaputt war. Umso wundersamer ist aber die Einstellung, dass nach fast 70 Jahren die Wirtschaft immer noch wachsen soll. Man geht also davon aus, dass die Menschen immer mehr und mehr wollen – mehr Autos, mehr Wohnungen, mehr Möbel, mehr, mehr, mehr! Was beim Blick zurück auffällt ist, dass diese Einstellung sehr gut auf die Generation „X“ passt. Sie wuchsen mit Eltern auf, die alles neu aufgebaut haben und das Wort „Sparen“ begleitet sie seither das ganze Leben. Sie erarbeiten sich über Jahre alles was sie nun haben – Haus, Auto, Möbel. 1,5 Kinder. Aber auch nachdem sie nun alles haben was sie immer schon wollten (oder was sie denken zu wollen), gewöhnt man sich das Jammern um das Sparen nicht so schnell wieder ab. Es ist eine gewisse Gier nach Material – Kapitalismus der ihnen in die Wiege gelegt wurde und dank Medien noch weiter verstärkt wird. Nur auf kleinbürgerlicher Sparflamme.

Der Wirtschaftsboom, die Technik und diese Gier haben dann aber noch ganz andere Menschen auf den Plan gerufen. Banken und Wertpapierhändler haben entdeckt, dass man aus dieser Generation „Sparen“ viel Geld – mit zum Beispiel Krediten – quetschen kann und natürlich, dass man durch den plötzlichen Echtzeit-Aktienhandel Geld machen kann, wo vorher nur ein Loch war. Woher dieses Geld kam, ist jedem eigentlich egal, oder man weiß es sowieso nicht. Dem kleinen Bürger wurde diese Art der Geldmacherei sogar als erstrebsam verkauft – die Hoffnung auf das schnelle Geld hat ihn milde gestimmt, wenn er durch riskant gehandelte Aktien den Job verloren hat. Außerdem konnte man durch diese Gier – bewusst oder unbewusst – Wirtschaftskriesen heraufbeschwören und somit den Kleinbürger mal wieder auf das „Sparen“ aufmerksam machen. Die Leute die dafür verantwortlich sind, haben mit Sparen an sich nicht wirklich was am Hut. Und noch so am Rande: Haben sie schon mal einen Banker gesehen dem es schlecht geht? Nein? Das ist übrigens auch ihr Geld. Wieso die Banken es sich damit so gut gehen lassen, ist eine andere Frage.

Somit kommen wir nun zu den Großbetrieben, die alle Kleinbetriebe im Umkreis übernommen haben und nun ein so großes und undurchblickbares Gebilde sind, dass alleine die Verwaltung so viel Geld verschlingt, dass der einfache Arbeiter am Ende der Kette wieder zum Sparen gezwungen wird. Oder er kann gerne gehen. Was macht also der Mann am Ende? Arbeiten! Es hat schon einen Grund warum die Generation „Y“ oft das Gefühl hat, ohne männliches Vorbild aufgewachsen zu sein. Der Vater war ja arbeiten. Ein paar Überstunden jeden Tag sind schon drinnen. Und heute kommt diese Generation der Arbeitstiere auf uns zu und fragt, warum wir nicht genauso arbeiten wollen. So wie sie einst. Wie in der Massenhaltung.

Und wir fragen uns: Warum?

Warum, oder wozu sollte man das heute noch machen? Sollen wir uns wie unsere Eltern einreden lassen, dass es gut ist, wenn man sich das ganze Leben abackert, um dann als geschundener Mensch sich auf die Pension freut? Wenn man dem Geld so sehr nachläuft, dass man vergisst, dass man ein Kind zuhause hat, welches nach 20 Jahren der Abstinenz sich auch nicht mehr für den Typen interessiert, den man zum Vatertag anruft. Oder einem Job nachgeht, nur um einen Job nachzugehen – weil die Eltern das wollen, oder das Arbeitsamt einem erzählt, dass es das Richtige ist. Auch uns ist es klar, dass es im Leben nicht immer lustig und nach dem eigenen Kopf geht. Selbstverständlich! Aber haben sie ihren Vater mal gefragt, warum er und ein Kollege jede Woche 60 Stunden arbeitet und nicht 40? Die fehlenden 40 Stunden wären wiederum ein Vollzeitjob für einen von uns. Wir, denen man vorwirft, wir wollen nicht arbeiten. Denen man vorwirft, dass man faul und unmotiviert ist. Denen man somit im Vorhinein die Chancen verbaut. Und da wundert man sich, dass man lieber wartet bis die Generation endlich ausstirbt? Funktioniert leider aber nicht. An der Spitze ist immer wieder einer, der mehr will – und sich einen Dreck um die kleinen Arbeiter schert. Weil auch er in diesem Job so erzogen und aufgewachsen ist.

Warum wir sind

Die Straße auf der wir heute wandeln, wurde von den Generationen vor uns erbaut.

Das darf man nicht vergessen. Erklärt aber gleichzeitig, warum wir denn so unzufrieden mit dieser Situation sind – in der wir sind. Der Mensch hat heute nicht mehr ein Säckchen voll mit Grundwissen, mit dem er sich durch das restliche Leben kämpft, sondern ein Netzwerk an Informationen, über das er sich immer und überall eine neue Meinung bilden, oder die Meinung anderer lesen kann. Gute Schulbildung und erweitertes Grundwissen, überregionale Verbindungen und Zusammenführung der Weltbevölkerung – das alles steht im Konflikt mit der Denkweise der früheren Generationen. Natürlich kann man sich für eine Lebensweise entscheiden, die das alles ignoriert, aber ich würde diese auch nicht gerade als die Richtige bezeichnen. Und ich habe die Befürchtung, dass jemand der so lebt, einen Artikel wie diesen kaum zu lesen bekommen wird. Was sollte er auch damit anfangen?

Die Straße – wie ich es immer bezeichne – das ist im Grunde unsere Gesellschaft. Das Arbeitswesen, das Sozialwesen, das Schulwesen und alles andere auch. Eine Straße, die Geld- und Medienverseucht ist und die man seit Jahren repariert und noch stärker versucht man, die Menschen weiterhin dazu zu zwingen, auf der Straße weiter geradeaus zu gehen. Und die Mehrheit tut das auch. Manche haben erkannt, dass man im Strom schwimmend, schnell an den anderen vorbei kommen kann und diese Menschen werden dann (meist Finanziell) erfolgreich. Manche bleiben stehen, sind irritiert und werden von den Anderen überrannt. Manche schwimmen dagegen und verbrauchen all ihre Energie – anstatt sich zu überlegen, was wirklich von Wert sein könnte. Und das sind sicherlich nicht alle Schicksale die im großen Strom vorhanden sind.

Man darf es ja nicht laut sagen, aber der Mensch braucht Führung. Ob es um die Auswahl eines Restaurants geht, bis hin zur Entscheidung, ob man das Nachbarland angreift. Man wird quasi gezüchtet, keine eigene Meinung mehr zu haben. Werbung sagt einem was es gibt, der Verkäufer redet einem jeden Zweifel weg. Und der, der selbstständig denkt, wird an die Wand gestellt. Da ist doch etwas nicht richtig, oder? Wissen wird in der Gesellschaft bestraft. Individualität ebenso. Du bist anders, heißt es. Gegenfrage:

Warum bist du eigentlich so furchbar normal?

Und das obwohl sich unsere Gesellschaft fast ausschließlich auf Menschen stützt, die sicherlich nicht als „Normal“ durchgegangen sind. Gerne würde ich jetzt Namen wie Mozart, Tesla oder Einstein aufrollen, aber ein Blick auf unsere Musiksammlung und die Filme die wir sehen, sagt mittlerweile viel mehr aus. Wir laufen Menschen nach, die wir noch nie gesehen haben, die oft etwas machen, dass nichts zur Gesellschaft beiträgt. Und nein, ich meine damit nicht die Künstler per se – da ich ja auch einer davon bin – sondern wiedermal die Menschlichen-Produkte der Großkonzerne. Ein Sänger oder eine Sängerin vermag es heute, tausende von Arbeitsplätze auf der Welt zu füttern. Da ist kein Platz für Individualität in Form von verschiedenen Performern und der Künstler oder die Künstlerin auf der Bühne sind ohnehin auch nicht als all zu normal zu bezeichnen.

Was macht es aus

Wenn man das alles aufrollt könnte man meinen, dass die Generation „Y“ etwas hat, dass die Generation davor nicht hatte. Mut. Mut etwas ändern zu wollen. Mut, es auch zu sagen und zu tun. Du riskierst deinen Job wenn du das oder das machst? Gut. Schmeiß mich raus! Ich warte beim Arbeitsamt auf meine Kollegen und Freunde bis sie sich auch alle rausschmeißen haben lassen und dann darauf, bis ihr wieder auf uns zurück kommt, weil ihr bemerkt habt, dass ein Kopf ohne Körper wohl doch nicht funktioniert. Nicht vergessen darf man, dass ihr gefälligst ein Gehalt anbietet, dass auch der Arbeit würdig wird und die Einsparungen dafür, dürft ihr endlich mal bei euch vornehmen.

Wunschdenken, natürlich. Dazu fällt mir aber ein Absatz aus einem Film ein, der knapp vor dem amerikanischen Bürgerkrieg angesiedelt ist, den ich zum leichteren Verständnis mit unserem Thema etwas abgewandelt habe: „Ich habe nie verstanden, warum die Schwarzen uns nicht umgebracht haben. Sie waren immer größer, stärker und in der Überzahl. Jeden Tag hat einer meinen Vater auf der Veranda rasiert. 50 Jahre lang hätte er die Möglichkeit gehabt, ihm die Kehle durchzuschneiden. Ich hätte keine 50 Jahre dafür gebraucht. Warum haben sie es nicht getan?“

Auch wenn es im Film eher als „Schädellehre“ oder „Phrenologie“ erklärt wird, so ist es wohl eher das selbe Prinzip, warum Hunde ihren Eigentümer gehorchen. Warum wir die selben Produkte vorziehen, wie unsere Eltern. Warum wir denken wie unsere Eltern und Großeltern. Es ist anerzogen, Glaubenssätze die so tief verankert sind, dass man unmöglich daran vorbei denken kann. Und dazu ermutigen den eigenen Chef umzubringen, dass will ich damit natürlich auch nicht.

Eine Generation ist immer nur das Bindeglied zwischen zwei anderen Generationen. Mag sein. Eine Generation ist auch zu kurz, um wirklich was zu ändern. Kann auch richtig sein. Nur bedenkt bitte, dass unsere Taten und Handlungen, sowie unser Wissen und die Glaubenssätze die wir uns bilden, eben auf die nächste Generation weitergegeben wird. Und wenn die Generation „Y“ dafür verantwortlich ist, dass man endlich wieder selbstständig zu denken anfängt, dass man von der Industrie wieder Richtung Umwelt geht, die Familie vor die Arbeit stellt – dann ist das etwas durch und durch positives. Aber wie wirkt sich das auf die Generation „Z“ aus?

„Z“ wie „Zwiespalt“

So schön manches klingen mag das man oben aufgerollt hat und einem vielleicht auch wieder Hoffnung in die Welt setzen lässt – so ernüchternd ist es, die aktuelle Generation zu beobachten. Wie immer geht es auch hier um die Masse, jedoch ist die Masse bekannterweise doch wieder dumm. Und die meisten Menschen gehören eben zur Masse. Bevor jemand aber aufschreit noch schnell angehängt, dass die dumme Masse in jeder Generation vorhanden ist – die Art und Weise der Dummheit ändert sich aber scheinbar mit.

Was ist also los mit der Generation „Z“? Was macht sie den dumm in einer Zeit, in der jeder alles wissen kann und so viele Möglichkeiten hat, wie keine Generation zuvor? Ein Punkt dabei ist der Medieneinfluss. Jeder einzelne der Teenager glaubt, er ist der beste und coolste und macht alles richtig. Eine gute Einstellung an sich, wäre da nicht die horrende Oberflächlichkeit, die seit Jahrzehnte über uns hereinbricht. Sie tragen die Kleidung, die von Konzernen als Mode vorgegeben werden. Sie lassen sich in Großraumdiscos einsperren und Getränke für 9,50 € verkaufen. Sie suchen das Einzigartige, Individualität und etwas, dass sie in ihrer Art bestärkt. Und scheinen dabei nicht zu verstehen, dass sie wiederum teil der Masse sind und vollkommen im Plan der Wirtschaft und Industrie liegen.

Das eigene Selbstbild ist so zerstört, dass man sich durch und durch über Dinge definiert, die man natürlich kaufen muss. Sei es ein Smartphone, eine Plastikbrille ohne Gläse oder eine Handtasche. Und für den Fall, dass man einmal nackt im Regen steht, hat man sicherheitshalber ein Tatoo am Körper, das überraschend oft nichtmal eine persönliche Aussage für denjenigen hat. Dabei sind diese jungen Menschen meist auch gar nicht dumm – auch wenn das wirtschaftlich-ausgerichtete Bildungswesen ganze Arbeit leistet, um jeden in eine Spezialisierung zu drücken. Sie werden dumm über die Zeit. Man nimmt einem alle Entscheidungen ab und gibt alles so vor, dass man irgendwann so abgestumpft ist, dass man gar nicht mehr anders kann als dem Navigationsgerät am Handy zu gehorchen.

Jetzt rechts abbiegen.

Die aus Film, Fernsehen und Werbung stammenden Idealvorstellungen von Job und Familie sorgen noch dafür, dass man mit der Partnerwahl von Haus aus unzufrieden ist und als Lebensziel gibt man „Reich sein“ an. Weil man von jemanden verletzt wurde, lässt man bald auch niemanden mehr zu nahe an sich ran und das Schlimmste was einem passieren kann ist, wenn jemand nicht mit oberflächlichen Gesprächsthemen daher kommt. Weltliches. Wichtiges. Nicht wer in den Charts oder Papst ist. Oder wie toll das Kleid da drüben aussieht. Woher kommt dein Essen? Wie denkst du, geht die Energiewende weiter? Kennst du deine Nachbarn? Was tust du für die nächste Generation?

Und so…

…lass ich das jetzt stehen. Man hat vielleicht auf Antworten und Lösungen gehofft, die aber nicht geliefert werden. Wieder möchte man jemanden der einem sagt, was man tun soll. Aber nein – es geht ums selber denken. Darum, dass man versteht, dass man es selber in der Hand hält und mit den eigenen Taten nicht nur sich selber, sondern alle rundherum über Generationen hinweg beeinflussen kann. Und wird.

Die Frage der Schuldzuweisung wird auch in dem Moment obsolet, in dem man erkennt, dass es sich um Subjektivität handelt. Wir bekritteln unsere Eltern, aber bereits auch die kommende Generation. Das Verständnis wächst zwar immer weiter und weiter, doch es scheint nicht im Sinne des Menschen zu liegen, sich gegenseitig zu helfen und zu stärken. Kritik ist viel einfacher und schneller.