Firmen in Opferstarre

14. April 2020

DENKBARES über IT im Arbeitsalltag

Das Ende von Windows 7 im Jänner 2020 hat vor allem eines aufgezeigt: Viele Firmen waren darauf nicht vorbereitet. Oder: Viele Firmen haben einfach kein Interesse an der eigenen IT. Warum auch? Immerhin wollen diese „einfach arbeiten“ und sich nicht mit all diesen Themen beschäftigen. Hinter „einfach arbeiten“ steckt aber auch Arbeit und Hirnschmalz. Und nach Jahren der Stagnation kann man diese Situation gleich nutzen, um daraus mehr als nur ein schnödes Update zu machen.

Was ich damit meine ist – raus aus der Opferstarre und rein in ein neue, vielleicht andere Zukunft. Abhängigkeiten und alte Gewohnheiten aufbrechen und anstatt Konzerne, Organisationen unterstützen. Arbeitsweisen anpassen und entschlacken. Vieles ist möglich und machbar!

Verantwortung

Auch wenn man es nicht gerne hört, so hat man als Firma sehr wohl eine Verantwortung. Sogar die einzelnen Mitarbeiter haben Verantwortung in dem Rahmen, in dem sie sich bewegen. Gegenüber der Firma, Kollegen und Kunden – eben, wie sie mit Daten und Informationen umgehen. Daten auch in Form von „Datei“, also auch Emails und Dokumente am Computer. Deshalb hat man auch eine Verantwortung gegenüber der IT – ob man will, oder nicht.

Vor allem kleine Firmen haben da ein Problem, da Know-How oft teuer zugekauft werden muss. Die Zeiten wo ein Computer „brav“ seit Jahren seinen Dienst verrichtet und man sich darauf verlässt, dass nichts passiert, sind leider eben vorbei. Zumindest sollten sie das sein. Wenn einem bisher nichts passiert ist, hatte man schlichtweg Glück. Dafür wurde auch einiges leichter, schneller und günstiger. Man muss es nur zulassen.

Leichter

Man muss sich ehrlich sein und zugeben – auch wenn die Komplexität im Allgemeinen zugenommen hat, so hat sich die simple Benutzbarkeit rapide gesteigert. Nie war es so einfach einen PC zu benutzen, etliche Aufgaben lassen sich sogar am Tablet, oder Smartphone bewältigen.

So wurde die Einstiegshürde dank gut gemachter Programme und Apps, sowie durchdachten Abläufen auch für ältere Personen gesenkt. Die Jungen kommen damit meist sowieso zurecht – immerhin ist man in vieles hineingewachsten, oder hat zumindest eine Affinität – sonst ist man eh im falschen Job.

Dazu kommt, dass man dank Cloud-Angeboten und Website-Paketen auch schnell in eine Firmengründung springen, oder eben vorhandenes adaptieren und/oder erneuern kann. Know-How ist somit nicht mehr bis ins Detail gefragt, Programmieren sowieso lange obsolet. Dafür gibt es im Internet auch alles zum nachschlagen – denn beinahe jede Frage wurde schonmal gestellt.

Schneller

Die Welt wird natürlich immer schneller, auch wenn der Mensch da seine Grenzen hat. Man wird sogar langsamer und gemütlicher in mancher Hinsicht, das wirkt nur nicht so. Denn anstatt mit Fax oder Drucker zu kämpfen, schickt man seit Jahren Emails. Außerdem lassen diverse Cloud-Angebote nicht nur zu, dass man Ordner und Dokumente miteinander teilt, sonder sogar gleichzeitig bearbeitet.

Wenn man also nachdenkt, kann man seinen eigenen Arbeitsablauf grundsätzlich hinterfragen und wenn man Glück hat – auch sehr beschleunigen. Komfortfunktionen wie automatische Sicherungen sind da oft gleich inbegriffen!

Wie handhabt man gemeinsame Daten heute? Nicht per Brief oder Fax, auch nicht mehr per Email verschickt – damit sind nur wieder mehrere Versionen im Umlauf. Heute werden Daten automatisch synchronisiert – oder man arbeitet gemeinsam, gleichzeitig an einer Datei. Oder an einem Kalender. Oder Entwürfen, Zeichnungen, Projekten aller Art.

Ein alter Computer kann auch durch einige Kniffe wieder flott gemacht werden. Manchmal reicht da sogar eine neue Software, oder ein neues Betriebssystem, um eine alte Maschine wieder lauffähig zu machen – oder die Lebenszeit noch einige Jahre zu verlängern.

Wenn man das versteht und einsetzt, hat man einen spürbaren Geschwindigkeitsvorteil.

Günstiger

Preis ist eine relative Sache. So spart man gerne im Laufe der Jahre, um dann einmalig, mehr als notwendig gewesen wäre, für Datenrettung auszugeben. Das ist natürlich keine allzu gute Taktik, außerdem kostet es neben sehr viel Geld, auch Nerven und Zeit – Glück nicht zu vergessen.

Dabei ist es gar nicht notwendig, dass man gleich viel Geld ausgeben muss. Tatsächlich sind viele „ältere“ PCs noch für ein paar Jahre gut, wenn man weiß wie. Das Zauberwort heißt oft SSD (oder besser die Abkürzung), denn die Festplatte ist ein häufiger Grund, warum PCs sterben, oder einfach immer langsamer werden.

In dem Zuge bietet sich natürlich ein neues Betriebssystem an, da alte PCs, oft auch alte Software verwenden. Wird Windows unbedingt benötigt, kommt man an Windows 10 nicht vorbei. Wenn der Arbeitsalltag aber in erster Linie Emails, arbeiten im Internet/Browser und Dokumente beinhaltet, kann man sogar auf Alternativen auf Linux-Basis ausweichen.

Persönlich empfinde ich es in dem Fall schlau auf größere Distributionen zu setzen, da diese natürlich besser im Support und aktueller in den Softwareversionen sind. Das sind für mich natürlich Ubuntu, aber auch Elementary OS oder Zorin OS bieten sich an, sowie Linux Mint oder Manjaro. Ubuntu hat für mich aber eine gewisse Ausgewogenheit was Benutzbarkeit und Aktualität der Software angeht – was vor allem bei Office Dokumenten und eben Sicherheitsupdates wichtig ist.

LibreOffice hat sich zu einem Standard in der Linux Welt etabliert was Office Dokumente angeht, das Paket ist aber auch für Windows und MacOS erhältlich. Kostenfrei und umfangreich – und für die meisten Menschen tatsächlich mehr als ausreichend.

Dazu kommt eventuell noch ein Cloudanbieter, oder eine eigene Cloud mit Nextcloud, Datensicherung auf eine externe Festplatte – und schon hat man sich kosteneffizient auf die nächsten Jahre vorbereitet.

Die eigene IT…

Um also „einfach arbeiten“ zu können, ist etwas arbeit notwendig. Es ist aber nicht unmöglich kompliziert. Ob man als Einzelunternehmer, Landwirt, Geschäftsführer oder tatsächlich als Konzern in die nächsten Jahre geht – wenn man seine IT vorab durchplant und Entscheidungen trifft, hat man nachher weniger Probleme. Schon, weil vieles klar auf der Hand liegt.

Photo by Thomas Jensen on Unsplash

Manchmal muss man umlernen, Sachen anders machen oder sogar Kompromisse eingehen – diese sind aber manchmal nur scheinbar Kompromisse, sondern mehr Unwissenheit, oder Desinteresse. Natürlich lassen sich nicht alle Arbeiten von vor zehn Jahren 1:1 in der modernen IT abbilden. Das ist meiner Meinung auch nicht notwendig, da eine Neugestaltung oft eine massive Steigerung der Effizienz bedeutet – oder anders gesagt: Weniger Arbeit. Man muss es aber zulassen, oder sogar durchsetzten.

So war IT nie einfacher als heute. Also machen Sie es sich nicht so kompliziert.

Fall 1: Alten PC „Upgraden“

Unter Upgraden versteht man eine größere Änderung als nur ein Update, was wohl jeder aus der Windows oder MacOS Welt kennen dürfte. Also aktualisiert man das Ein oder Andere, ohne das komplette Gerät auszutauschen.

Praktische Beispiel ist ein PC aus 2012, der mit einem Intel Quadcore locker für Office Aufgaben herhalten kann, die Festplatte mit Windows 7 ist aber quälend langsam und somit arbeiten darauf anstrengend.

Eine SSD mit überdimensionierten 250 Gigabyte und ein (gratis) Upgrade auf Windows 10 hauchten neues Leben in die Maschine und diese läuft so gut wie noch nie. Tatsächlich.

Anderes Beispiel war ein schon sehr lahmer Laptop, der bereits mit einer SSD ausgestattet war, doch so richtig rund lief das Ding einfach nicht. Windows 7 war scheinbar auch schon überfordert und da dieser wirklich nur zum Browsen verwendet wird, platzierte ich Elementary OS im Dualboot – also im Notfall, kann man Windows starten.

Kurz gesagt hat er bisher Windows nie gestartet und nach über einem Jahr fragte ich mal nach – aber es gab nichts zu berichten. Er läuft einfach.

Fall 2: Daten, Daten – überall! Die Cloud

Wie bereits erwähnt bin ich kein Freund von Emails mit angehängten Dokumenten. Außerdem verwende ich persönlich auch mehrere PCs und Betriebssysteme, auf denen ich einen Order haben möchte, der immer gleich ist. Synchronisiert über mehrere Geräte.

Die Cloud kennen mittlerweile viele, manche nutzen diese täglich, ohne es zu wissen. Wie bei Android Smartphones üblich, nutzt man Google Dienste noch und nöcher, womit man aber einen großen Vorteil hat – nichts geht mehr verloren. Mit Google Drive auch auf Dateiebene, außerdem kann man diese auch leicht teilen und mit anderen somit zusammenarbeiten.

Wenn man sensiblere Daten handhaben muss, oder auch sehr große Datenmengen hat, so muss man auf das Business-Model von Google umsteigen, oder auch eine eigene Cloud aufbauen. Letztes funktioniert verhältnismäßig einfach mit Nextcloud und bietet natürlich mehr Kontrolle als andere Services. Dabei läuft das sogar auf dem eigenem Webspace, unter einer Subdomain, als Beispiel.

Firmenweit kann man diese somit schnell und flexibel einsetzen. Man hat einen eigenen Ordner mit eigenen Daten, sowie Unterorder, die man jeweils mit der Buchhaltung, Kollegen – und sogar Kunden teilen kann. Man hat selbst immer die Kontrolle was wer darf. Das wiederum auf einem oder mehreren PCs, am Smartphone, oder einfach im Browser. Durch die ständige Synchronisierung geht auch nichts verloren – dennoch sollte man regelmäßige Backups der Ordner machen. Sicher ist Sicher.

Fall 3: Es kann nur ein Office geben?

Einer meiner Lieblinge ist nach wie vor Microsoft Office. Ein wunderbares Programm, das allerdings für die meisten nicht notwendig ist. Viele glauben aber, dass es das ist. Nicht, weil es keine Alternativen gibt – man kennt sie nur einfach nicht, oder „glaubt“, dass man das teure Paket unbedingt braucht. „Was nichts kostet ist nichts wert.“

Mein Wahl fällt meist auf LibreOffice, welches sehr aktiv entwickelt wird und frei für alle ist – auf Windows, MacOS und gängigen Linux-Distributionen. Oft ist das Paket bei Linux-System wie Ubuntu bereits vorinstalliert.

LibreOffice kann die meisten Microsoft Office Formate lesen, doch leider muss man oft die Formatierung neu machen, denn Microsoft bemüht sich natürlich nicht gerade, dass die freie Konkurrenz es zu leicht hat. Weniger Probleme gibt es da beim „All-In“ Wechsel. Wenn man sich für LibreOffice entscheidet, nutzt man das offen Dateiformat (ODT usw.) und lässt somit MS Office Formate außen vor. Wenn also jeder LibreOffice verwendet, gibt es natürlich keine Probleme mit Formatierungen. Und statt einer Lizenz, kann man gerne etwas spenden, damit LibreOffice weiter verbessert wird.

Alternativ gibt es natürlich auch die Google Office Suite, die auch an Beliebtheit gewonnen hat. Durch die reine Ausführung im Browser ist man vom Betriebssystem quasi unabhängig, kann sogar zu billigster Hardware greifen. Die Funktionalität ist sehr wohl beschränkter, das dürfte aber wiederum kaum jemand wirklich bemerken im Alltag – es sei denn, man ist auf genau diese fehlenden Funktionen angewiesen. Auch hier bedarf es eine Umstellung, doch schon nach wenigen Wochen fragt keiner mehr nach MS Office – womöglich nichtmal mehr nach offline Programmen. Und die beste Funktion ist nach wie vor das gemeinsame Arbeiten an Dokumenten. In Echtzeit. Ach, und speichern muss hier auch keiner mehr drücken.

Nicht unerwähnt darf wiederum Nextcloud sein, denn diese bemühen sich gerade sehr, Collabora Online, eine online Variante von LibreOffice, zu integrieren. Diese ist im aktuellen Stand noch nicht ganz ausgereift, wird aber auch gemeinsames Bearbeiten unterstützen und ermöglicht damit online und offline Bearbeiten von Dokumenten – beinahe ohne Einschränkungen.

Fall 4: No good Outlook

Weitere Abhängigkeit von Microsoft spiegelt sich oft in Outlook wieder, welches verhältnismäßig einfach zu ersetzten ist.

Meine Wahl fällt da immer auf Thunderbird, dies ist unter der Mozilla Foundation, die auch Firefox entwickelt. Also auch von Spenden finanziert. Mit einigen Angestellten steigern diese momentan die Anstrengungen, um auch in Zukunft quasi der Email-Client zu sein, der auf jedem Arbeitsplatz willkommen ist.

Ist man aktuell bereits auf IMAP ist die Umstellung fast in Minuten erledigt, Datensiedelungen. in dem Fall Emails, brauchen natürlich Zeit. Diverse Zusatzfunktionen haben einem das Arbeiten in manchen Bereichen sogar leichter als Outlook gemacht.

Persönlich habe ich den Kampf gegen Outlook schon öfter geführt, immer gewonnen, doch der Drache sträubt sich gerne. Es kann eben schwierig sein, aus solchen Systemen „entlassen“ zu werden.

Fall 5: Internet Exploration

Ganz schnell erwähnt: Alles, nur nicht Internet Explorer. Weder Funktionen noch Sicherheit sind gegeben, bitte einfach alles andere verwenden. Meistens baut man heute auf das moderne Webkit auf, also sind die Grundfunktionen und die Darstellung meist die Selben. Nur Firefox hat noch seine eigene Engine, Quantum, was für den Endkunden aber kaum Unterschiede macht. Nur eben Internet Explorer wird oft noch in Firmen verwendet, muss aber forciert „sterben“, da es sich tatsächlich um ein Relikt mit Sicherheitsrisiko handelt. Micorosft selbst macht dies mit dem neuen Edge Browser, der den früheren Edge und den Internet Explorer beerbt.

Meine Empfehlungen:

Alter PC: Hier kann man eventuell mit einer SSD und etwas Arbeitsspeicher einige Jahre raus holen. Preise sind für SSDs mit 250 Gigabyte teils unter 30 Euro (Geizhals Link für 2,5″ SSDs). Entweder Daten übertragen (Clonezilla), oder bei der Gelegenheit ein frisches System installieren.

Altes Betriebssystem: Windows 10 – oder Ubuntu, wenn Preis eine Rolle spielt. Auf älterer Hardware Zorin OS Light, Linux Mint oder Lubuntu. Linux lässt sich meist per USB vorher auch ausprobieren.

Office: Empfehlung LibreOffice, ansonsten Google Drive, SoftMaker FreeOffice, WPS Office Free

Cloud: Google Drive, Nextcloud

Emailclient: Thunderbird, Geary

Browser: Chrome, Chromium, Firefox, Microsoft Edge

Bei Fragen stehe ich auch zur Verfügung!

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